"Taschenspielertrick": LBV und BN klagen gegen Streuobst-Verordnung der Regierung

4. August 2020 10:32 Uhr von Julian Hartmann
Nur ein Bruchteil der wichtigen alten Streuobstbestände würde den nötigen Schutz erhalte, meint Richard Mergner, Vorsitzender des BN.
Nur ein Bruchteil der wichtigen alten Streuobstbestände würde den nötigen Schutz erhalte, meint Richard Mergner, Vorsitzender des BN.
picture alliance/Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB

Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Bund Naturschutz (BN) klagen beim Verfassungsgerichtshof gegen die Streuobst-Verordnung der Staatsregierung. Die Organisationen sind der Auffassung, dass die Streuobst-Verordnung den durch das Volksbegehren "Rettet die Bienen!" geplanten Schutz der Streuobstbäume durch einen "Taschenspielertrick" ausgehebelt. 

Im Februar 2020 hatte die Staatsregierung trotz heftiger Proteste der Naturschutzverbände eine Verordnung erlassen, in der der Schutz der Streuobstwiesen im Freistaat neu definiert wurde. War bislang das Kriterium für den Schutz hochstämmiger Obstbäume, dass ihre Krone in mindestens 1,60 Meter Höhe beginnen musste, erhöhte die Staatsregierung diesen Wert auf 1,80 Meter - laut LBV ohne eine fachliche Begründung. Außerdem änderte die Staatsregierung laut LBV auch weitere Kriterien (Dichte und Stammumfang) für Streuobstwiesen, um als schützenswertes Biotop eingestuft zu werden.

Regierung missachtet Auftrag der Bürger

"Ohne Not" habe die Staatsregierung die Verordnung so formuliert, dass nur ein Bruchteil der wichtigen alten Streuobstbestände den nötigen Schutz erhalte, meint Richard Mergner, Vorsitzender des BN. "Deswegen müssen wir dagegen klagen."  "Wir können nicht zulassen, dass der Wille von über 1,7 Millionen Bürgerinnen und Bürgern für den Schutz der Streuobstbestände durch die von der Staatsregierung erlassene Verordnung untergraben wird", sagt Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV. CSU und Freie Wähler hätten den Auftrag der Bürger, für den Insektenschutz die artenreichen Streuobstwiesen zu schützen, grob missachtet.  

Gefahr für die bayernweiten Streuobstwiesen

Der LBV hat nach eigenen Angaben mit Probekartierungen in drei klassischen Streuobstgebieten in Franken nachgewiesen, dass keine der 21 dabei kartierten Streuobstwiesen das neue Schutzkriterium der Staatsregierung erfüllt. Durch die Verordnung sehen LBV und BN deshalb die Gefahr, dass bayernweit praktisch keine Streuobstwiese den vom Volksbegehren geforderten gesetzlichen Schutz mehr erhält.

Förderungen schon bei Kronensatz in 1,40 Meter Höhe

Im Kulturlandschaftsprogramm erhalten Landwirte eine Föderung zum Erhalt der Streuobstbäume bei einem Kronensatz in 1,40 Meter Höhe und bei der Förderung durch das Vertragsnaturschutzprogramm bei einem Kronenansatz in 1,60 Meter Höhe. Für den LBV und BN werde die "Trickserei der Staatsregierung beim Streuobstschutz" dadurch noch offenkundiger.