Polizei-Arbeit: Ein Jahr Body-Cam bei der Allgäuer Polizei: Einfach losfilmen? "Das geht so nicht!"

23. September 2020 16:00 Uhr von Redaktion all-in.de
Seit einem Jahr ist die Body Cam bei der Polizei in Sonthofen im Einsatz. Das Fazit: In vielen Fällen erfüllt die Technik ihren Zweck.
Seit einem Jahr ist die Body Cam bei der Polizei in Sonthofen im Einsatz. Das Fazit: In vielen Fällen erfüllt die Technik ihren Zweck.
Julian Hartmann

Seit knapp einem Jahr verfügt die Allgäuer Polizei über sogenannte "Body-Cams". Im Ernstfall habe jede Streife die Möglichkeit, eine Body-Cam mitzunehmen, sagt Polizeiobermeister Ullmann von der Polizeiinspektion Sonthofen. Die tragbaren Videokameras sind leuchtend-gelb und werden sichtbar an der Kleidung der Polizisten angebracht. Die Kameras sollen vor allem zur Abschreckung dienen und so zur Deeskalation von brenzligen Situationen beitragen. Hat das funktioniert? Wir haben bei der Polizei in Sonthofen nachgefragt. 

Zusätzliches Einsatzmittel

"Die ersten Erfahrungen waren ganz gut", sagt Polizeiobermeisterin Kahle. Die Kameras hätten in der ein oder anderen Situation schon zur Beruhigung der Lage beigetragen. Sie fügt aber auch an, dass das nicht immer der Fall ist und die Body-Cams teilweise auch das Gegenteil bewirken würden. Das sei meistens dann der Fall, wenn Alkohol oder sonstige Betäubungsmittel im Spiel sind, meint die Polizistin. Dass im Einzelfall Personen aggressiv auf die Kameras reagieren, bestätigt auch Polizeiobermeister Ullmann. Trotzdem ist Ullmann froh über die Body-Cams. "Das ist ein zusätzliches Einsatzmittel, das den Gerichten oder der Staatsanwaltschaft bei möglichen Urteilen hilft." Auch im Einsatz stört die Kamera laut Kahle nicht. 

Polizeigewalt? Body-Cam widerlegt Anschuldigung

Auch einen ganz konkreten Fall, in der die Body-Cam eine Anschuldigung wegen vermeintlicher Polizeigewalt widerlegen konnte, benennt Ullmann. Und zwar führten Polizisten der Inspektion in Sonthofen eine Personenkontrolle durch. Laut Ullmann hat eine Person, die die Beamten kontrollieren wollten, Widerstand geleistet. Die Polizisten mussten daraufhin die Person zu Boden bringen und auch fesseln. "Ein Kollege von uns hat dann zum Glück eine Videoaufnahme gestartet", erläutert Ullmann.  Später hätten Freunde der betroffenen Person den Polizisten auf der Dienststelle vorgeworfen, "dass diese wie in den USA auf dem Hals der Betroffenen gekniet hätten und sie nach Luft geschrien hätte." Durch die Video-Aufzeichnung stellte sich die Anschuldigung als "kompletter Humbug" heraus, so Ullmann. 

Einfach losfilmen: "Das geht so nicht"

Um die Kamera einsetzten zu dürfen, müssen immer gewisse Anhaltspunkte vorliegen, erklärt Ullmann. Letztendlich entscheidet aber immer der Polizist situationsabhängig, wann er die Body-Cam einschaltet, "um im Nachhinein gegebenenfalls beweiskräftige Videoaufnahmen von einem Einsatz zu haben." Dabei gilt: Einfach losfilmen? "Das geht so nicht", sagt Kahle. Bevor gefilmt wird, müssen die Polizisten der betroffenen Person mitteilen, dass sie jetzt eine Video-Aufnahme starten. "Und das wird auch so gesagt, damit derjenige das auch auf jeden Fall mitbekommt", so Kahle. 

Videos werden nicht dauerhaft aufgehoben

Die Polizisten können die eigenen Aufnahmen der Body-Cam nicht alleine einsehen. "Wenn wir glauben, dass etwas strafrechtliches auf den Aufzeichnungen drauf ist, sprechen wir zuerst mit unserem Dienstgruppenleiter", erklärt Kahle. Die Sichtung des Video-Materials erfolgt dann mit dem Dienstgruppenleiter zusammen. Außerdem gibt es eine Speicherungsfrist der Videos von drei Wochen. Mit Ablauf dieser Frist, werden die Aufnahmen gelöscht. Eine Ausnahme gilt hier natürlich für Videos, die als Beweise dienen. 

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