Facebook-Post sorgt für heftige Kritik: SPD und FDP kritisieren Unterallgäuer Landrat Eder: "Sie mausern sich zum Ober-Querdenker!"

16. April 2021 11:40 Uhr von Julian Hartmann
Erneut hat ein Facebook-Post des Unterallgäuer Landrats Alex Eder für Kritik gesorgt. (Archivbild)
Erneut hat ein Facebook-Post des Unterallgäuer Landrats Alex Eder für Kritik gesorgt. (Archivbild)
Matthias Becker

Erneut hat ein Facebook-Post des Unterallgäuer Landrates Alex Eder für Kritik gesorgt. Sowohl die Grünen, als auch die SPD/FDP-Kreistagsfraktion werfen dem Landrat vor, mit dem Post Panik und Ängste zu schüren. Gleichzeitig distanzieren sich die Parteien von den Aussagen des Posts. In dem umstrittenen Post kritisierte Eder die Testpflicht an Schulen und forderte, dass die Tests zuhause durchgeführt werden sollten. Vor allem die Sprache und Formulierungen, die Eder dabei verwendet hat, stoßen auf Kritik. 

Grüne: "typisches Merkmal der Querdenken-Bewegung"

"In dem Post des Landrats werden in unsachlicher, emotionalisierender und populistischer Weise angebliche psychische Gefahren für Kinder durch eine Testung in der Schule heraufbeschworen", so die Grünen. In der Art der Argumentation, die nicht auf Wissenschaft, Fakten und Sachlichkeit setzte, sehen die Grünen ein typisches Merkmal für die sogenannte "Querdenken"-Bewegung. Momentan kursiere ein Kettenbrief aus Querdenker- und Reichsbürger-Kreisen mit ähnlichem Inhalt, behauptet die Partei: "Wer hat sich da wohl von wem inspirieren lassen?"

SPD/FDP-Kreistagsfraktion: "Landrat mausert sich zum Ober-Querdenker"

Noch deutlicher wird die SPD/FDP: "Wir sind darüber besorgt, dass unser Landrat sich selbst immer weiter in Richtung Querdenker manövriert, gerade weil diese zunehmend vom Verfassungsschutz mehrerer Bundesländer beobachtet werden." Der Landrat mausere sich mit seinen Facebook-Post allmählich zum "Ober-Querdenker" des Landkreises, heißt es in einer Stellungnahme. "Ein Landrat hat in der Nähe dieser Bewegung nichts zu suchen", so die Kreisräte der SPD und FDP. Anstatt sich in "misslungenen Textereien zu verlieren", solle Eder zur Sacharbeit zurückkehren. Die SPD/FDP-Fraktion appelliert an die Freien Wähler im Kreistag, "nun endlich auf den Landrat einzuwirken und dessen 'Corona-Irrfahrt' zu stoppen."

Grüne, SPD und FDP stehen hinter der Testpflicht

Sowohl die Grünen, als auch die SPD/FDP stehen hinter der Testpflicht an Schulen. Die Grünen fordern den Landrat dazu auf, "die Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger durch seine wiederholten öffentlichen Verlautbarungen zu beenden und mit aller Kraft die nötigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie zu unterstützen." Die Kreistagsfraktion der SPD/FDP schlägt außerdem die Einführung eins Corona-Online-Bürgerdialogs vor. Dadurch könnte aus Sicht der Parteien für Transparenz und Aufklärung sowie Verständnis bei den Eltern gesorgt werden.  

Landrat distanziert sich von Corona-Leugnern

Der Unterallgäuer Landrat Alex Eder sich zur harten Kritik geäußert. "Ich gehöre dieser Bewegung nicht an und distanziere mich entschieden von Corona-Leugnern oder Verschwörungstheoretikern", so Eder in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüberall-in.de. Allerdings lasse er sich nicht davon abhalten, "auch selbst Punkte zu hinterfragen und zu kritisieren, die ich fraglich finde - unabhängig davon, ob andere Menschen mit ganz anderer Gesinnung diese Punkte ebenfalls kritisieren."

Unterallgäuer Landrat Eder: "Ich distanziere mich entschieden von Corona-Leugnern!"
 

Der Facebook-Posts des Landrats im Wortlaut:

Stell dir vor, du bist ein Schulkind. Du fährst morgens mit dem Bus in die Schule und musst dich in der ersten Stunde mit allen anderen gemeinsam vor allen anderen Augen testen lassen. Die Unsicherheit während der 15 Minuten Wartezeit, obwohl du dich gesund fühlst. Stell dir vor, dein Test ist trotzdem positiv. Deine benachbarten Schulkameraden rutschen sofort einen Meter weiter auf Abstand, einer kreischt und sagt, du hast das todbringende Virus, andere lachen dich aus. Die Lehrerin weiß nicht mehr, wie sie mit dir umgehen soll. Du wirst isoliert, in einen eigenen Raum gebracht. Niemand nähert sich dir mehr und du weinst bitterlich, weil du nicht weißt, was das jetzt bedeutet. Niemand kann dich trösten, weil sich niemand traut, dir näher zu kommen. Du kommst alleine in einen Raum, bist in völliger Panik und Verunsicherung und musst warten, bis einer deiner Eltern in die Schule kommt, Hals über Kopf aus der Arbeit zurück, um dich abzuholen. In der Zeit geht dir durch den Kopf, dass du gestern vielleicht deinen Opa angesteckt hast. Dass du vielleicht im Schulbus Freunde angesteckt hast. Niemand ist in dieser Zeit bei dir. Die ganze Klasse redet noch wochenlang davon, dass du derjenige bist, der am Wochenende wahrscheinlich nicht genug aufgepasst hat und nun Andere gefährdet. Diesen Druck sollten wir nicht auf unsere Kinder abladen, die Tests sollten unbedingt zu Hause stattfinden! Meiner Meinung nach sind Schulen keine Teststationen. Müssen die Kinder das aushalten? Müssen die Lehrerinnen und Lehrer das leisten? Warum tragen wir denn alle Maßnahmen bis zum (nie erreichbaren) 100sten Prozent an Sicherheit auf dem Rücken der Kinder aus und auf keiner Baustelle, in keinem Versicherungsbüro, in keinem Industriebetrieb wird über Zwangstests gesprochen? Was ist mit dem sonst so hoch gehaltenen Datenschutz, wenn auf einmal jeder das Ergebnis eines anderen Kindes mitbekommt? Leider war mein Anschreiben an das Kultusministerium diesbezüglich ergebnislos.
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