Born in the USA: Der blutige Weg zum "Tag der Arbeit": Wie der 1. Mai zum Feiertag wurde

1. Mai 2021 12:53 Uhr von Julian Hartmann
Obwohl sie das Tränengas zum Würgen bringt, verhalten sich diese weiblichen Streikposten weiter trotzig gegenüber der Polizei, die die streikenden Arbeiterinnen unterdrücken will. Aufgenommen in Monroe (Michigan, USA) 1937.
Obwohl sie das Tränengas zum Würgen bringt, verhalten sich diese weiblichen Streikposten weiter trotzig gegenüber der Polizei, die die streikenden Arbeiterinnen unterdrücken will. Aufgenommen in Monroe (Michigan, USA) 1937.
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Seit 1946 ist der 1. Mai als "Tag der Arbeit" ein gesetzlicher Feiertag in Deutschland. Doch bevor es dazu kam, hat es viele Jahre gedauert. 

Forderung nach Acht-Stunden-Tag

Seinen Ursprung hat der "Tag der Arbeit" in den USA. Dort streiken am 1. Mai 1886 rund 400.000 Arbeiter aus 11.000 Betrieben und fordern die Einführung eines Acht-Stunden-Tages. Der 1. Mai galt in den USA damals traditionell als "Moving day", als Stichtag für den Abschluss oder die Aufhebung von Verträgen, häufig verbunden mit Arbeitsplatz- und Wohnungswechsel. Viel Erfolg hatten die Streikenden mit ihren Forderungen jedoch nicht. 

Sieben Polizisten und vier Arbeiter sterben

Überschattet werden die geringen Erfolge außerdem von gewalttätigen Auseinandersetzungen in Chicago. Dort demonstrieren am 1. Mai 1886 rund 80.000 Menschen, die größte Demonstration in den USA an diesem Tag. Die Proteste sind zunächst friedlich. Doch am 3. Mai kommt es dann zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, als die Polizei mehrere Streikposten angreift und dabei einige Menschen tötet.

Bombenanschlag in Chicago 

Einen Tag später protestieren die Arbeiter daraufhin auf dem Heumarkt (Haymarket) in Chicago. Während der Demonstration explodiert ein Bombe. Die Polizisten geraten durch die Explosion in Panik und schießen wild um sich. Vermutlich sterben bei dem Anschlag und dem anschließenden Chaos sieben Polizisten und vier Arbeiter. 

Acht Arbeiterführer werden verurteilt

Bis heute ist unklar, wer für den Bombenanschlag verantwortlich ist. Trotzdem werden acht anarchistische Arbeiterführer wegen des Bombenanschlags verurteilt - sieben davon zum Tode. Bei drei Verurteilten wird die Strafe in lebenslange Haft umgewandelt, vier werden gehenkt und einer begeht im Gefängnis Selbstmord.

1. Mai wird 1919 erstmals zum Feiertag

Der Kampf für den Acht-Stunden-Tag geht trotz des Vorfalls schnell weiter. Bereits 1890 werden am 1. Mai erneut Streiks und Kundgebungen durchgeführt. Diesmal beschränken sich die Proteste nicht nur auf die USA. Auch in Deutschland beteiligen sich damals etwa 100.000 Arbeiter an Streiks, Demonstrationen und sogenannten "Maispaziergängen". Noch im selben Jahr beschließt die SPD, den 1. Mai als dauerhaften "Feiertag der Arbeiter" einzuführen. Partei und Gewerkschaften rufen fortan jedes Jahr am 1. Mai zu Streiks auf. Nach dem ersten Weltkrieg erklärt die Nationalversammlung der Weimarer Republik den 1. Mai 1919 zum Feiertag. Das Gesetz wird aber auf den 1. Mai 1919 begrenzt.

"Blutmai" im Jahr 1929 in Berlin 

Versuche, den "Tag der Arbeit" auch über 1919 zum gesetzlichen Feiertag zu machen, bleiben vorläufig vergeblich. Die Arbeiter demonstrieren und streiken am 1. Mai trotzdem. Nicht immer bleibt es dabei friedlich. Wegen befürchteter Unruhen verhängt der Polizeipräsident von Berlin am 1. Mai 1929 ein Demonstrationsverbot. Trotzdem veranstaltet die Partei KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) eine Demonstration, bei der es im Verlauf zu Schießereien kommt. Etwa 30 Menschen sterben. Dieser Tag geht als "Blutmai" in die Geschichte ein.

Nazis machen 1. Mai zum "Feiertag der nationalen Arbeit"

1933 kommen die Nationalsozialisten an die Macht. Sie machen den 1. Mai zum "Feiertag der nationalen Arbeit" und feiern "den deutschen Arbeiter" - und sich selbst. Nur einen Tag später lässt Hitler die Gewerkschaften zerschlagen, ihre Häuser von SA- und SS-Trupps besetzen und zahlreiche Funktionäre verhaften. 

Gewerkschaften nutzen den "Tag der Arbeit" für Kundgebungen

Nach dem 2. Weltkrieg bestätigt der alliierte Kontrollrat den 1. Mai als Feiertag. In der Bundesrepublik nutzen vor allem Gewerkschaften seitdem den Tag für politische Kundgebungen und kulturelle Veranstaltungen.(Quelle: Deutscher Gewerkschaftsbund)