Entscheidung für zukunftsfähigen Wald: Stadtrat Memmingen beschließt Änderung des Jagdmanagements

25. November 2021 13:28 Uhr von Stadtverwaltung Stadt Memmingen
Am Monitoringzaun ist deutlich der zu hohe Verbiss und die dadurch fehlende, natürliche Verjüngung des Waldes zu erkennen: links wachsen die gepflanzten Bäumchen im Schutz des Zauns heran, rechts fast nur Verunkrautung.
Am Monitoringzaun ist deutlich der zu hohe Verbiss und die dadurch fehlende, natürliche Verjüngung des Waldes zu erkennen: links wachsen die gepflanzten Bäumchen im Schutz des Zauns heran, rechts fast nur Verunkrautung.
Stefan Honold/ Forstamt Stadt Memmingen

In ihrer letzten Sitzung entschieden die Stadträtinnen und Stadträte über die Änderung des Jagdmanagements im Bereich der Eigenjagdreviere (EJR) der Stadt Memmingen und der von ihr verwalteten Stiftungen. Dabei stimmten sie nach langer Diskussion mit fünf Gegenstimmen für den Antrag, die EJR sukzessive auf Eigenbewirtschaftung umzustellen und damit für einen zukunftsfähigen Wald. Dies betrifft zunächst die vier Jagdpachtverträge für die EJR Lauber Wald, Bürgerwald, Dickenreishauser Wald und Brunnen, die Ende März 2022 auslaufen.

Dringender Handlungsbedarf

Zu Anfang der Sitzung betonte Referatsleiter Thomas Schuhmaier nochmals den dringenden Handlungsbedarf, um die durch die Stadt Memmingen betreuten Waldgebiete zukunftsfähig und klimaresistent umzugestalten und für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Anschließend präsentierte Stefan Honold, Forstamtsleiter der Stadt Memmingen, die Ergebnisse der Waldbegehung vom 4. Oktober. Diese war kurzfristig anberaumt worden, nachdem die Stadtratsmitglieder in ihrer Sitzung vom 20. September die Abstimmung über das emotionale Thema Wald und Wild vertagt hatten, um ihren Informationsstand zu verbessern. Anhand der Begehung des Staatswalddistrikts "Lautracher Wald" und des Bürgerwalds Memmingen wurde den Teilnehmenden sehr deutlich vor Augen geführt, wie unterschiedlich sich die Wälder bei besser oder schlechter angepassten Wildständen entwickeln können. Die Vorteile waren klar ersichtlich. Der sich natürlich verjüngende Wald bringt nicht nur flächig eigene Schösslinge empor, die vitaler und stabiler aufwachsen als wurzelbeschnittene Baumschulpflanzen, sondern erzeugt auch eine natürliche Durchmischung und ist somit klimatoleranter. Er kann Umwelteinflüssen wie Sturm, Dürre und Käferbefall leichter wiederstehen als der bisherige Wald mit seinem hohen Fichtenanteil (65 Prozent), denn durch seine flachen Wurzeln ist der sogenannte "Brotbaum" Fichte dem Klimawandel nicht gewachsen. Auch die Kosten im Personal- und Materialaufwand werden so auf ein Minimum reduziert. Heimische Bäume müssen nicht in hoher Stückzahl (bisher bis zu 30.000 Stück pro Jahr) gekauft, gepflanzt und durch Wildschutzzäune, Wuchshülsen oder chemischen Schutz vor Verbiss bewahrt werden. In den Jahren 2012 bis 2020 beliefen sich die Kosten für die Stadt Memmingen hierfür auf mehr als 1,3 Millionen Euro. Dem gegenüber standen im gleichen Zeitraum die Jagdpachteinnahmen von knapp 52.000 Euro und circa 154.000 Euro staatlicher Zuschüsse für die Pflanzung heimischer Hauptbaumarten.

Positive Entwicklung im ersten Eigenjagdrevier

Stefan Honold stellte den Stadträtinnen und Stadträten zudem die positive Entwicklung im ersten EJR "Ferthofer Wald" vor. 2018 fassten Vertreterinnen und Vertreter des Umweltausschusses den Beschluss, dieses Waldgebiet künftig selbstverantwortlich von der Städtischen Forstverwaltung unter Mithilfe von privaten Jagderlaubnisscheinnehmern bejagen zu lassen. Drei dieser Jagderlaubnisscheine wurden ausgestellt. Dadurch übernimmt das Forstamt lediglich die Jagdleitung und die Organisationsaufgaben. Honold strich heraus, dass dafür kein zusätzliches Personal eingestellt werden musste, da sich die Arbeitskapazität der Forstamtsmitarbeiter lediglich von der Aufforstung und dem Schutz der jungen Bäume hin zu anderen Aufgaben verschoben hat.

Natürliche Verjüngung kann sich etablieren

Die geschilderten Erfahrungen bestätigte auch der abschließende Bericht von Gerhard Honold, Referatsleiter Forst und Naturschutz in Immenstadt. Wie er ausführte, befindet sich der Stadtwald sich seit gut zehn Jahren in Eigenjagd. Die durch ein gut funktionierendes Jagdkonzept angepassten Wildbestände führten in kurzer Zeit dazu, dass der Gesamtverbiss stark sank und sich die natürliche Verjüngung etablieren konnte. Die Aufgabe des Forstamts, die Schutzfunktionen des Waldes (zum Schutz des Bodens, vor Hochwasser und Lawinen) zu erhalten und zu stärken kann so erfüllt werden. Auch die Qualität des Lebensraums für die Tiere verbessert sich, was zu weniger Fallwild und einem gesünderen Bestand führt. Das Beispiel aus Immenstadt vermittelte dem Stadtrat einen Eindruck über die Wirkung eines optimalen Wald-Wild-Verhältnisses und wie es erreicht werden kann.

Stadt vergibt Jagderlaubnisscheine

Nach einer langen Diskussion im Anschluss an die Vorträge bei der die Vor- und Nachteile abgewogen wurden, stimmten die Stadtratsmitglieder mehrheitlich für die sukzessive Umstellung des Jagdmanagements in den Eigenjagden der Stadt Memmingen und der von ihr verwalteten Stiftungen. Die Stadt Memmingen vergibt für das nächste Jagdjahr Jagderlaubnisscheine. Interessierte können sich im städtischen Forstamt per E-Mail: forstverwaltung@memmingen.de oder Telefon 08331/850-152 melden.