Polizei informiert über die Masche: "Falsche Polizeibeamte" erleichtern Rentnerin (80) im Oberallgäu um fünfstellige Summe

29. Dezember 2021 14:57 Uhr von Redaktion all-in.de
Falsche Polizeibeamte haben sich bei einer Rentnerin viel Geld ergaunert. Die Polizei warnt und gibt Tipps. (Symbolbild)
Falsche Polizeibeamte haben sich bei einer Rentnerin viel Geld ergaunert. Die Polizei warnt und gibt Tipps. (Symbolbild)
Lisa Hauger

Eine 80-jährige Rentnerin aus dem Oberallgäu ist am Dienstagabend Opfer eines Trickbetruges mit dem Namen "Falscher Polizeibeamter" geworden. Schon am Dienstagnachmittag kontaktierte ein vermeintlicher Kriminalbeamter, der vorgab, vom Raubdezernat Stuttgart zu sein, die Frau. Er erzählte ihr eine erfundene Geschichte von einer rumänischen Bande, die ältere Menschen auf offener Straße ausrauben würden. Weil in dem Notizbuch eines angeblichen Tatverdächtigen der Name der Rentnerin auftauchte, sei sie das nächste Opfer der noch flüchtigen Täter. Deshalb müssten laut dem falschen Kriminalbeamten die Wertgegenstände der 80-Jährigen in Sicherheit gebracht werden. Aus diesem Grund würde ein Polizist bei ihr vorbeikommen und erst die Wertgegenstände und später sie abholen.

Rentnerin soll "110" anrufen 

Die Täter forderten die 80-Jährige dann in einem der mehrfachen Telefonate auf, die 110 anzurufen, um sich die Echtheit des Polizeibeamten bestätigen zu lassen. Weil die unbekannten Täter das Telefongespräch jedoch hielten, landete die Rentnerin durch das Wählen der 110 nicht bei der echten Polizei, sondern blieb weiterhin mit den Betrügern in Kontakt. 

Goldmünzen und Bargeld

Als dann gegen 18:30 Uhr der "falsche Polizeibeamte bei der Wohnadresse der Rentnerin auftauchte, übergab sie dem Mann zahlreiche Goldmünzen und Bargeld im Wert einer hohen fünfstelligen Summe. Ungefähr eine Stunde später wählte die Frau den echten Polizeinotruf, um zu fragen wann sie denn abgeholt und in Sicherheit gebracht werden würde. Erst jetzt erlangten die Polizei und die Frau Kenntnis von dem Trickbetrug. Die sofort eingeleiteten umfangreichen Fahndungsmaßnahmen verliefen bislang leider erfolglos.

So funktioniert die Masche

Die äußerst professionellen und sehr sprachgewandten Anrufer stellen sich als Polizeibeamte, oder auch andere behördliche Vertreter vor. Durch geschickte Manipulation und wiederholte, teils über Tage dauernde Kontaktaufnahme gelingt es ihnen, ein starkes Vertrauensverhältnis zu ihren Opfern aufzubauen. Um sich zu legitimieren wird das Opfer teils aufgefordert bei der örtlichen Polizeidienststelle zurückzurufen. Der Täter täuscht dann durch das Einspielen eines Freizeichens vor, dass die Verbindung unterbrochen wurde, obwohl diese noch weiter besteht. Wenn das Opfer nun die Nummer der örtlichen Polizei oder die 110 wählt, wird keine neue Verbindung aufgebaut. Stattdessen täuscht derselbe Täter oder ein Komplize vor, den Anruf als "richtige Polizei" wieder anzunehmen.

Die Polizei empfiehlt: Verbindung erst trennen

Trennen Sie also die Verbindung durch Auflegen und wenden sie sich an die Notrufnummer 110, wenn möglich von einem anderen Telefon. Lassen Sie sich nicht verbinden! Die im Telefondisplay der Angerufenen angezeigte Rufnummer kann von den Tätern über eine Software manipuliert werden. Im Falle falscher Polizeibeamter wird teils die Rufnummer der örtlichen Polizeidienststelle oder die örtliche Vorwahl in der Verbindung mit der 110 angezeigt. Die Anzeige einer bekannten Rufnummer ist also kein Grund für falsches Vertrauen.

Die Zahlen zur Masche "Falscher Polizeibeamter"

Die gute Nachricht: die Zahlen sinken im Bereich des Präsidiums deutlich. Registrierte die Polizei im Jahr 2020 noch mehr als 1.100 Anrufe mit der Masche des "Falschen Polizeibeamten", so waren es mit dem fast abgeschlossenen Jahr 2021 bislang etwas mehr als 650. Die schlechte Nachricht: Noch immer ergaunern die Betrüger hohe Summen von ihren Opfern. Waren es 2020 noch mehr als 400.000 Euro, sank dieser Betrag 2021 vergleichsweise unterdurchschnittlich und liegt derzeit bei rund 340.000 Euro.

Situation im Oberallgäu und Kempten

Ein Blick in den Landkreis Oberallgäu und die Stadt Kempten verrät, dass die Situation hier im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert ist. 2020 verzeichneten die Beamtinnen und Beamten etwas weniger als 170 Fälle, dieses Jahr liegt die Zahl ebenso noch sehr knapp unter 170 Straftaten. Die Schadenssummen sprechen eine deutliche Sprache: Letztes Jahr war der Landkreis und die Stadt mit keinem vollendeten Fall betroffen, dieses Jahr entstanden bei zwei erfolgreichen Betrügen ein Gesamtschaden von rund 100.000 Euro.

Tipps der Polizei

Die Polizei weist darauf hin, dass echte Polizeibeamte niemals unter der Telefonnummer "110" anrufen und niemals am Telefon nach Geld oder Wertgegenständen fragen.

  • Lassen Sie grundsätzlich keine Unbekannten in Ihre Wohnung.
  • Fordern Sie von angeblichen Amtspersonen, zum Beispiel Polizisten, den Dienstausweis.
  • Rufen Sie beim geringsten Zweifel bei der Behörde an, von der die angebliche Amtsperson kommt. Suchen Sie die Telefonnummer der Behörde selbst heraus oder lassen Sie sich diese durch die Telefonauskunft geben. Wichtig: Lassen Sie den Besucher währenddessen vor der abgesperrten Tür warten.
  • Die Polizei wird Sie niemals um Geldbeträge bitten.
  • Geben Sie am Telefon keine Details zu Ihren finanziellen Verhältnissen preis.
  • Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen. Legen Sie einfach auf.
  • Übergeben Sie niemals Geld an unbekannte Personen.
  • Zeigen Sie jeden Fall bei der Polizei an, auch wenn Sie den Betrugsversuch durchschauten und die Täter keine Beute machen konnten.