Kaum Niederschläge: Trockenheit im Allgäu: Grundwasserspiegel ist mancherorts bedenklich niedrig

21. April 2022 14:51 Uhr von Redaktion all-in.de
Der Ortwanger Baggersee erinnert an die Malediven
Der Ortwanger Baggersee erinnert an die Malediven
Benjamin Liss

Das Allgäu durchlebt seit Wochen eine Durststrecke: Neben dem wenigen Schnee im Winter 2021/2022 wird jetzt auch der ausbleibende Regen im Frühjahr zunehmend zum Problem. Die Grundwasserspeicher in vielen Gemeinden und Städten sind erschöpft, das Wasserwirtschaftsamt Kempten ist in Alarmbereitschaft. Dem bayerischen Landesamt für Umwelt zufolge, ist die Wasserversorgung aktuell aber noch gesichert.

Situation ist besorgniserregend

Dennoch ist die Situation besorgniserregend. An etwa 32 Prozent der 86 Grundwassermesstellen im Bereich Iller-Lech-Bodensee wurde am Mittwoch ein niedriger (21 Messstellen) oder gar sehr niedriger (15 Messstellen) Grundwasserstand gemessen. DieKarte des Niedrigwasser-Informationsdienstes zeigt auch, dass viele der Quellen deutlich zu wenig Wasser für die Jahreszeit ausschütten. Besonders niedrige Grundwasserspiegel wurden am Mittwoch zum Beispiel in Sontheim, Pforzen, Obergünzburg und Sigmarszell gemessen. In Mindelheim herrscht aktuell ein niedriger Grundwasserspiegel, besser sieht es dagegen im südlichen Oberallgäu wie Oberstdorf oder Ortwang bei Sonthofen aus. Das könnte Sie auch interessieren Trinkwasser wird rationiert: Autobauer "Tesla" in der Kritik von Umwelt- und Verbraucherschützern

Interview mit Karl Schindele

Im Interview erklärt der Behördenleiter des Wasserwirtschaftsamtes Kempten, Karl Schindele,  wie er die aktuelle Situation sieht. Besonders spannend: Im Allgäu gibt es einen unterirdischen Fluss.Gibt es im Allgäu aktuell Probleme mit dem Grundwasser?Karl Schindele: Unsere Grundwassermessstellen zeigen aktuell in vielen Gebieten niedrige oder sehr niedrige Wasserstände an. Da sich normalerweise im Winter und Frühjahr die Grundwasserspeicher wieder auffüllen, sehen wir das mit großer Sorge.

Auf was sind die Probleme mit dem Niedrigwasser zurückzuführen? Es schmilzt doch der Schnee. Karl Schindele: An der Niederschlagsmessstation in Kempten wurde jetzt seit über drei Wochen (23 Tage) kein nennenswerter Regen mehr gemessen. Es fehlt schlicht und einfach der Regen. In den Flusstälern der Alpenflüsse schaut es durch die Schneeschmelze noch etwas besser aus. Insgesamt sind wir aber für die Jahreszeit im niedrigen Bereich.Gibt es jetzt schon Engpässe bei der Wasserversorgung? Karl Schindele: Von den Gemeinden haben wir bisher noch keine Probleme bei den Trinkwasserbrunnen gemeldet bekommen. Wenn es aber das ganze Frühjahr so trocken bleibt, müssen wir im Sommer mit Problemen rechnen. Welche Gebiete im Allgäu sind besonders gefährdet, "trocken" zu liegen? Karl Schindele: Allgemein gilt, dass vor allem die kleinen Bäche in tiefen Lagen am stärksten gefährdet sind, dass sie trocken fallen. Bei der Wasserversorgung trifft es erfahrungsgemäß zuerst die Außenbereiche (Einzelgehöfte, kleine Weiler), die sich aus eigenen Quellen versorgen.
Was bedeutet es für unsere Seen, wenn kein "frisches" Regenwasser nachkommt? Karl Schindele: Wenn die Zuflüsse weniger Wasser führen, fallen mit der Zeit auch die Wasserstände in den Seen. Der Bodensee zeigt bereits einen niedrigen Wasserstand für die Jahreszeit. Die Speicherseen, die über den Winter abgesenkt wurden, wie der Forggensee und der Rottachsee, können erst wieder auf Normalstau gefüllt werden, wenn die Zuflüsse ansteigen. Beim Forggensee kann man natürlich auf die Schneeschmelze hoffen.Gibt es im Allgäu einen unterirdischen See oder Fluss? Karl Schindele: Die Grundwasserströme kann man generell als unterirdischen Flüsse betrachten. Das Grundwasser strömt im durchlässigen Untergrund (Kies) wie die oberirdischen Flüsse dem Gefälle nach, nur wesentlich langsamer. Zum Beispiel im Illertal gibt es einen großen unterirdischen Grundwasserstrom, in dem erhebliche Mengen an Regen und Schmelzwasser aus den Bergen parallel zur Iller nach Norden strömen. Im Grundwasser wird das Regenwasser länger gespeichert als in den Flüssen und bildet so die Basis, dass wir auch längere Trockenperioden überstehen können.