Einsatz für die Pressefreiheit: Journalist Prof. Dr. Heribert Prantl erhält den Memminger Freiheitspreis

23. Mai 2022 10:58 Uhr
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Preisverleihung in der Martinskirche (v.l.): Laudator Bundestagspräsident a.D. Prof. Dr. Norbert Lammert, Oberbürgermeister Manfred Schilder, Preisträger Prof. Dr. Heribert Prantl und Herbert Müller.
Preisverleihung in der Martinskirche (v.l.): Laudator Bundestagspräsident a.D. Prof. Dr. Norbert Lammert, Oberbürgermeister Manfred Schilder, Preisträger Prof. Dr. Heribert Prantl und Herbert Müller.
Siegfried Rebhan

Der Journalist und politische Publizist Prof. Dr. Heribert Prantl wurde bei einem Festakt in der Martinskirche mit dem "Memminger Freiheitspreis 1525" ausgezeichnet. "Mit seinen kenntnisreichen und scharfen Analysen unserer Gesellschaft setzt sich Prof. Heribert Prantl unablässig und mit großem Nachdruck für die Wahrung der Menschenwürde, für Freiheit, Recht und Gerechtigkeit ein", würdigte Oberbürgermeister Manfred Schilder die Verdienste des Preisträgers um die Pressefreiheit. "Im Spannungsfeld von Recht, Moral und Politik stellt er sich einem fahrlässigen Umgang mit der Wahrheit entgegen und verteidigt die Pressefreiheit als eine der Grundsäulen unserer demokratischen Gesellschaft", verlas der Oberbürgermeister aus der Freiheitspreis-Urkunde. Der „Memminger Freiheitspreis 1525“ wurde zum 5. Mal verliehen. Er ist mit einem Preisgeld in Höhe von 15.000 Euro dotiert. Der Jurist Prof. Dr. Heribert Prantl war zunächst als Richter und Staatsanwalt tätig, wandte sich dann ganz dem Journalismus zu und leitete 25 Jahre lang erst das Ressort Innenpolitik, dann das Ressort Meinung der Süddeutschen Zeitung und war viele Jahre Mitglied der Chefredaktion. Heute ist er Kolumnist und Autor der Süddeutschen Zeitung sowie politischer Publizist. Bundestagspräsident a.D. Prof. Dr. Norbert Lammert beschrieb den Preisträger in seiner Laudatio als "engagierten Europäer, bekennenden Christen, exzellenten Juristen und brillanten Journalisten". Um die Prägnanz von Prantls Argumentation zu verdeutlichen, führte Lammert einige Zitate aus dem Werk des Preisträgers an: "Nicht die Freiheit muss sich rechtfertigen, sondern ihre Beschränkung und Begrenzung." Oder: "Wir sind der einzige Beruf, für den es ein eigenes Grundrecht gibt, nämlich die Pressefreiheit. Und diese Pressefreiheit ist nicht nur ein Recht, sie ist auch eine Pflicht." Und: "Die öffentliche Lust auf eine alexandrinische Knoten zerhauende Politik ist eine undemokratische Lust. Ein Demokrat haut nicht schnell zu, sondern nestelt herum. Er lässt nicht die Fetzen fliegen, sondern versucht den Knoten zu lösen." Damit sei der Modus beschrieben, wie Demokratie funktioniere im Unterschied zu autoritären Systemen. Heribert Prantl, so Lammert, habe sich in seinem Werk der Demokratie und der Grundrechte verschrieben. "Ich danke der Stadt Memmingen dafür, dass sie der Freiheit und den Freiheitsrechten auf den Grund geht", erklärte Prof. Dr. Heribert Prantl. "Der von der Stadt Memmingen verliehene Freiheitspreis erinnert daran, wie tief die Wurzeln reichen: Die Geschichte des Kampfes gegen Unterdrückung, die Geschichte des Kampfes für Freiheit und Menschenrechte in Europa beginnt nicht erst 1789 mit der Französischen Revolution, sie beginnt über 250 Jahre vorher, sie beginnt 1525 in Memmingen mit den zwölf Artikeln der aufständischen Bauern, die sich auf das Evangelium beriefen." So früh seien zum ersten Mal Grund- und Menschenrechte formuliert worden. „Das war, das ist spektakulär“, bekräftigte der Preisträger. "Die zwölf Artikel von 1525 waren der Entwurf zu einer Verfassung von einer grund- und menschenrechtlichen Kraft, wie dann bis 1848 keine mehr verfasst wurde. Es führt also eine grundrechtliche Linie von der Stube in der Memminger Kramerzunft hin zur Frankfurter Paulskirche und zur Weimarer Reichsverfassung von 1919", erläuterte Prof. Prantl. Dekan Christoph Schieder führte in seinem Grußwort in das Jahr 1525 zurück, als bereits die Bauerkriege ihren Anfang genommen hatten. In Memmingen jedoch sei die Situation anders gewesen. „Damals greifen die schwäbischen Bauernhaufen nicht zur Waffe, sondern sie ergreifen das Wort. Nicht das scharfe Schwert, sondern die spitze Feder soll ihren Forderungen Ausdruck verleihen. Die Bauern setzen auf die Macht des Wortes“, betonte Schieder. "Damit solche schöpferischen, machtvollen Worte durch unsere Welt gehen, braucht es Menschen, die mutig und geistreich nach ihnen suchen, die mit ihnen besonnen provozieren, die anregen." Menschen wie Preisträger Heribert Prantl. Die Zwölf Artikel der schwäbischen Bauern, auf denen der heutige Memminger Freiheitspreis gründet, wurden von Dr. Kathrin Mädler, Intendantin des Landestheaters Schwaben, beim Festakt verlesen. Zwölf Artikel mit Forderungen nach grundlegenden Menschen- und Freiheitsrechten, die vor fast 500 Jahren den Beginn der deutschen Freiheitsgeschichte darstellten, wie Ehrenbürger Herbert Müller MdL a.D., Vorsitzender des Kuratoriums "12 Bauernartikel - Memminger Freiheitspreis 1525" ausführte. "Nicht nur, dass die Bauern ihre Forderungen und Ziele zu Papier gebracht und beschlossen haben. Vielmehr haben sie Freiheit so beschrieben, dass Freiheit bedeutet Verantwortung für den Schwachen zu übernehmen, auf den anderen zu achten und dass dies nicht zur Einschränkung der eigenen Freiheit führt", betonte Müller. "Auf Grundlage des Evangeliums wollten sie den Dialog als Lösung und Antwort auf die Gewalt und nicht den Sieg auf dem Schlachtfeld." Durch die Zwölf Artikel, so Müller, würden wir heute ermahnt, auf einem gemeinsamen Wertegerüst wie z.B. die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen, nach Lösungen zu suchen, um Tod, Zerstörung und Aggression zu überwinden. "Die 12 Bauernartikel sind ein gutes Stück deutscher Geschichte, - unbequem, aber wir können stolz auf sie sein." Mit Blick auf die 500-Jahr-Feier der Zwölf Artikel im Jahr 2025 plane die Stadt eine Stiftung zu gründen, informierte Oberbürgermeister Manfred Schilder. "Zweck der Stiftung soll es sein, erstens das Gedenken an die Abfassung der Zwölf Artikel zu pflegen und deren Bedeutung in die gegenwärtige Zeit zu übertragen, zweitens das Denkmal Kramerzunft zu erhalten und drittens die Teilhabe aller am Gemeinwesen zu fördern unter Wahrung unserer Verfassungs- und Freiheitsrechte", erklärte Schilder. Der Oberbürgermeister lud die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Memmingen und ihres Umlandes ein, an der Stiftung und ihrem nachhaltigen Wirken für Freiheit und Gerechtigkeit teilzuhaben. Einen ausdrücklichen Dank sprach Oberbürgermeister Schilder der Memminger Unternehmerfamilie Brey aus, die das Preisgeld für den Memminger Freiheitspreis gestiftet hat. Die Verleihung des Memminger Freiheitspreises wurde durch Kirchenmusikdirektor Hans-Eberhard Roß an der Orgel sowie durch den Bläserchor St. Martin unter der Leitung von Rolf Spitz musikalisch feierlich gestaltet. Der Festakt in St. Martin bildete den Auftakt zu einem Festtag in Memmingen. Auf dem Weinmarkt boten Vereine, Einrichtungen und Institutionen beim ersten Memminger Markt der Möglichkeiten eine bunte Vielfalt an Aktionen an, die das Thema Freiheit beleuchteten. Auch ein vielseitiges Bühnenprogramm war geboten. Preisträger Heribert Prantl und Laudator Norbert Lammert trugen sich in der Zunftstube der Kramerzunft, dem Versammlungsort der Bauern im Jahr 1525, ins Goldene Buch der Stadt ein. Bei einem Festkonzert in St. Martin unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Hans-Eberhard Roß mit Julia Rinderle am Klavier, dem erweiterten Konzertchor St. Martin und der Kammerphilharmonie Bodensee-Oberschwaben klang der Tag der Preisverleihung feierlich aus. Zu hören waren unter anderem die Chorfantasie op. 80 von Ludwig van Beethoven mit einem Text von Prof. Dr. Nobert Lammert "Für Europa lasst uns streiten", den dieser im Jahr 2020 geschrieben hatte.