Mindel läuft über: Wohngebiet von Jettingen-Scheppach überschwemmt: Rund 40 Haushalte betroffen!

4. Oktober 2022 15:29 Uhr
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Die Mindel in Jettingen lief am gestrigen Montag über.
Die Mindel in Jettingen lief am gestrigen Montag über.
Mario Obeser

Um kurz nach 5 Uhr, am Tag der Deutschen Einheit, ist die Mindel in Jettingen (Landkreis Günzburg) übergelaufen und hat ein Wohngebiet überschwemmt. Offenbar war eine sogenannte Falle am Wasserkraftwerk defekt. Durch den starken Regen konnte nicht mehr genügend Wasser abfließen. Wie Einsatzleiter und Kommandant der örtlichen Feuerwehr Markus Schmucker mitteilte, stand im "Korea", wie die Einheimischen das Wohngebiet am westlichen Ortsrand von Jettingen nennen, das Wasser auf den Straßen rund 20 Zentimeter hoch, als die Einsatzkräfte kamen. Und das Wasser stieg noch weiter.

Schleuse müssen geöffnet werden

Am ehemaligen Stauffenberg-Areal zwischen Mindellauf und Mindelkanal befindet sich ein Wasserkraftwerk mit zwei großen Fallen. Bei geringer ankommender Wassermenge sind beide Fallen geschlossen, um das Wasser komplett durch die Turbine zur Stromerzeugung zu leiten. Kommt aber eine so große Wassermenge von flussaufwärts an, dass das Wasser durch den alleinigen Durchfluss durch die Turbine nicht mehr abfließen kann, müssen die Fallen geöffnet werden, um ein Überlaufen der Mindel zu verhindern.

Defekt an einer der Schleusen

Die zweite Falle wird geöffnet, wenn notwendig. Wie der 2. Bürgermeister von Jettingen-Scheppach Hans Reichhardt berichtet, funktioniert diese zweite Falle seit geraumer Zeit allerdings nicht. Das Gestänge ist ausgehängt. Die Regenmengen am Montag waren so stark, dass das vom Oberlauf der Mindel ankommende Wasser nicht mehr genügend abgeleitet werden konnte. Das führte zum Ansteigen und schließlich zum Überlaufen der Mindel.

Mindel läuft über!

Das Wasser floss über mehrere Felder und überflutete schließlich das Wohngebiet bis zu einer Höhe von 1,20 Metern. Wie Reichhardt, der selbst ein Wasserkraftwerk betreibt, weiter ausführt, hatten Anwohner und die Gemeinde die Kraftwerksbetreiberin, die nicht im Landkreis wohnt, bereits dazu aufgefordert, die defekte Falle instand zu setzen. Dies sei leider bisher nicht geschehen, mit den nun entsprechenden Konsequenzen. Letztlich wurde ein von der Gemeinde betriebener Kanal geöffnet, über den eine große Wassermenge um das Wohngebiet herum abgeleitet werden kann.

Große Schäden in Privathäusern

Die Familie Wolfmiller wohnt im Hammerschmiedweg und wurde vom Nachbarn gegen 6 Uhr angerufen und auf das Wasser aufmerksam gemacht. Wie der Vater sichtlich mitgenommen erklärt, hatte er dann mit einem Wassersauger im Keller das bereits dort angesammelte Wasser abgesaugt, als er plötzlich in einem Nebenraum ein Rauschen wahrnahm. Beim Nachschauen konnte er feststellen, dass dort die Bodenplatte des betonierten Kellers aufriss und das Wasser den Keller flutete. Neben Waschmaschine, Trockner und zwei Gefriertruhen ist auch der Speicher der Solaranlage im Keller. Alle Gerätschaften werden wohl komplett beschädigt worden sein.

80 Kräfte im Einsatz

Zwischenzeitlich hatte der Einsatzleiter Schmucker u.a. noch die Feuerwehren Scheppach und Burgau nachalarmieren lassen. Insgesamt waren rund 80 Feuerwehrkräfte im Einsatz. Sie halfen mit rund 20 Tauch- und Tragkraftpumpen den Anwohnern beim vorsichtigen Auspumpen der Räumlichkeiten. Hier mussten die Einsatzkräfte aufpassen: Wenn der Wasserspiegel außen noch zu hoch ist, der Keller aber komplett leer gepumpt wird, wirkt ein großer Druck auf die Außenwände und die Bodenplatte eines Gebäudes. Das kann zu großen Schäden führen.

Noch nie in diesem Ausmaß

Monika Wiesbauer, in deren Keller ebenfalls Wasser stand, zeigte ihren Garten. Dort hatte sie  noch am Sonntag Holz aufgestapelt und Blumen gerichtet. Nun steht dort das Wasser mehrere Zentimeter hoch. Die 68-Jährige wohnt dort seit 1958 und hat schon einige Male miterlebt, wie das Wasser aus dem Boden in den Keller gedrückt wurde. Dass es aber von oben in den Keller läuft und noch dazu in diesem Ausmaß, das gab es noch nie. Sie wurde gegen 6.30 Uhr von ihrem Nachbarn geweckt mit den Worten "Monika mach auf, da kommt 's Wasser." Doch viel dagegen tun konnte sie nicht. 

Hochwassergebiet ausgewiesen

Auf die betroffenen Anwohner kommt eine schwere Zeit zu. Das Gebiet ist als Hochwassergebiet ausgewiesen. Daher ist es nicht möglich, ihre Häuser gegen solche Schäden zu versichern. Zudem müssen sie nun versuchen, die wassergetränkten Wände wieder trocken zu bekommen, was bei den aktuellen und weiter steigenden Energiekosten nochmals eine große Herausforderung darstellt. Ganz abgesehen von den beschädigten Gerätschaften und Heizungsanlagen.