Mehrfach ausgezeichnet und ausgebucht: "Energiedorf" im Allgäu: Wildpoldsried erlebt Besucheransturm

17. Oktober 2022 15:51 Uhr von Corinna Sedlmeier
Wegen der Energiekrise erlebt Wildpoldsried gerade einen regelrechten Besucheransturm. Weil die Gemeinde inzwischen deutlich mehr Strom produziert als genutzt wird, gilt sie als 'Vorzeigedorf' für die Energiewende. (Archivbild)
Wegen der Energiekrise erlebt Wildpoldsried gerade einen regelrechten Besucheransturm. Weil die Gemeinde inzwischen deutlich mehr Strom produziert als genutzt wird, gilt sie als "Vorzeigedorf" für die Energiewende. (Archivbild)
picture alliance / dpa | Karl-Josef Hildenbrand

Die Oberallgäuer Gemeinde Wildpoldsried erlebt aktuell einen Besucheransturm. Der Grund dafür:  Wegen der aktuellen Energiekrise kommen immer mehr Besuchergruppen, um sich das mehrfach ausgezeichnete Energiekonzept anzuschauen. Das Besondere daran: Die Bürger werden mit eingebunden. 

Windstützpunkt Bayern

Unter dem Motto "WIR" (Wildpoldsried-Innovativ-Richtungsweisend) hat Wildpoldsried seit 1999 ein Energiekonzept erarbeitet, das die Bürgerinnen und Bürger mit einbezieht. So konnten die Anwohner in sogenannte "Bürgerwindanlagen" investieren. Seit 2000 wurden so elf Windkraftanlagen gebaut, die inzwischen achtmal mehr Strom produzieren, als die Gemeinde verbraucht. Das kommt auch der Umwelt zugute. Laut der Gemeindewebsite konnten durch neun der Windkraftanlagen im Jahr 2018 31 Millionen Kilogramm CO2eingespart werden. Deswegen ist seit 2012 Wildpoldsried der Windstützpunkt in Bayern. 

Mehrfach ausgezeichnet

Außerdem installierte die Gemeinde Photovoltaik-Anlagen auf kommunalen Dächern, benutzt LED-Straßenbeleuchtung, hält Stromsparwettbewerbe ab und nutzt Biogaswärme. Inzwischen bezieht das Dorf über 50 Prozent ihres Wärmebedarfs über erneuerbare Energien. Für ihr Engagement wurde Wildpoldsried mehrmals ausgezeichnet, darunter zweimal mit dem "European-Energy-Award" (2014 und 2018). 

Über 900 Besucher in 20 Jahren

All diese Maßnahmen machen aus Wildpoldsried das "Vorzeigedorf" für die Energiekrise und der Ort teilt sein Wissen gerne. Der Gemeinde-Website zufolge haben vor Corona über 900 Gruppen aus aller Welt dem Dorf einen Besuch abgestattet und einige der Pilotprojekte sogar kopiert. Wildpoldsried bietet regelmäßig Exkursionen an. Bei den sogenannten "Energietagen" führt der Gemeinderat Thomas Pfluger mit seinen Kollegen interessierte Gemeinderäte, Bürger oder Hochschulvertreter durch das Dorf und stellt die Projekte vor.

Bis Februar 2023 ausgebucht

Wegen der aktuellen Energiekrise erfreuen sich diese Exkursionstage, die meist am Wochenende stattfinden, gerade großer Beliebtheit. Wie Susi Zengerle, Leiterin des Koordinationsbüros Energie- und Klimaschutz in Wildpoldsried, auf Nachfrage gegenüberall-in.demitteilte, ist die Gemeinde bis Februar 2023 ausgebucht.  In erster Linie nahmen Gemeindevertreter aus Deutschland an den Exkursionen teil, die Zengerle zufolge in der Energiekrise gemerkt haben "dass sie was nachzuholen haben". Doch auch Gruppen aus Tschechien oder Ungarn finden ihren Weg zum Allgäuer Energiedorf. Besonders interessiert seien die Besucher an den Windkrafträdern und an der allgemeinen Entwicklung der Projekte. Bisher haben 65 Gruppen an den Exkursionen teilgenommen, die Gemeinde rechnet allerdings damit, dass sich die Zahl bis Ende des Jahres sich noch auf 110 erhöhen wird.