Scham und Bedauern über Zustände: Prozess zum Tierskandal Bad Grönenbach: Angeklagte äußern sich

21. Oktober 2022 16:26 Uhr von Corinna Sedlmeier
Am heutigen Freitag wurde der Prozess zum Tierskandal in Bad Grönenbach fortgesetzt. Dabei äußerten sich die Angeklagten zum ersten Mal zu den Vorwürfen.
Am heutigen Freitag wurde der Prozess zum Tierskandal in Bad Grönenbach fortgesetzt. Dabei äußerten sich die Angeklagten zum ersten Mal zu den Vorwürfen.
Corinna Sedlmeier

Am heutigen Prozesstag zu dem Tierskandal in Bad Grönenbach haben sich die Angeklagten erstmals zu den Vorwürfen geäußert. Darin drückten beide ihr Bedauern über die Zustände und das Leid der Tiere aus. Als Grund für die Vernachlässigung der 54 Kühe auf ihrem Hof gaben Vater und Sohn Überforderung an. 

Zu viele Tiere, zu wenig Arbeiter

Die Erklärungen der Angeklagten wurden von ihren jeweiligen Anwälten verlesen. Der Anwalt des Vaters machte dabei den Anfang. In seiner Erklärung drückte der Landwirt sein Bedauern über das Leiden der Tiere aus. Er sei ein "leidenschaftlicher Landwirt" und habe nicht aus Gleichgültigkeit die Tiere vernachlässigt, sondern weil er mit der Situation überfordert war. Durch die Auflösung eines Hofes hatte er weitere Kälber übernommen, die teilweise auch noch krank gewesen seien. Hinzu kam, dass es für die Masse an Tieren nicht genügend Personal gab, daher konnten die Tiere nicht angemessen versorgt werden. 

Angeklagter entschuldigt sich "in aller Form"

Die Landwirte sollen versucht haben, die Tiere selbst zu behandeln, was allerdings nicht geklappt habe. Zum Schluss entschuldigte sich der Angeklagte "in aller Form" für das angerichtete Leid. Der 68-Jährige bestätigte die schriftliche Erklärung, die sein Anwalt vorgetragen hatte und lehnte es ab Fragen zu der Aussage zu beantworten.

Sohn "schämt sich" für das angerichtete Leid

Als nächstes las der Anwalt des Sohnes die Erklärung seines Mandanten vor. Auch ihm tun die Zustände der Tiere "außerordentlich Leid" und er "schäme sich" für die Situation. Er bestätigte auch, dass er ein krankes Kalb erschossen habe. "Ich geriet in Panik", so der 25-Jährige, als bei einer Kontrolle das kranke Tier entdeckt wurde. Um den Fall zu vertuschen und auch um das Tier von seinem Leid zu erlösen, habe er das Kälbchen erschossen. 

Keine Gleichgültigkeit, sondern Überforderung

Auch er berichtet von einer Überforderungssituation. Die Aufzucht von Kälbern sei sehr zeitaufwendig, zudem waren einige der Kälber, die sein Vater übernommen hatte krank. In seiner Erklärung bestätigte der 25-Jährige die Aussage seines Vaters, wonach sie versucht hatten die Kälber selbst zu pflegen. Auch er betonte, dass er nicht aus Gleichgültigkeit so gehandelt habe. Die Betreuung der Tiere sei "einfach nicht mehr zu bewältigen" gewesen. Auch er entschuldigte sich bei dem Gericht für das angerichtete Leid. Der 25-Jährige bestätigte die von seinem Anwalt vorgetragene Erklärung. Nachfragen wolle er aber "im Moment" nicht beantworten.

Seit September vor Gericht

Seitdem 20. September stehen der 68-jähriger Landwirt und sein 25-jähriger Sohn vor dem Landgericht in Memmingen. Ihnen wird Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen. Insgesamt 54 Tiere befanden sich auf ihrem Hof in einem katastrophalen Zustand. Trotz wiederholter Kontrollen hatten die Landwirte die Zustände nicht geändert. Das führte schließlich zu einer Durchsuchung des Geländes, bei dem weitere Missstände aufgedeckt wurden.

Polizistin sagt über Ermittlungen aus

Über die genauen Ermittlungen sagte die zuständige Hauptsachbearbeiterin der Polizei Kempten aus. Dabei ging das Gericht auch auf die toten Tiere ein, die im Laufe der Jahre in einer Tierkadaveranlage abgeliefert wurden. Dabei fiel auf, dass die Landwirte insgesamt überdurchschnittlich viele tote Kälber, Jungtiere und erwachsene Rinder abgegeben. Auch bei den Durchsuchungen wurden tote Rinder gefunden. Sie waren der Polizistin zufolge geradezu "überlagert". 

Katastrophale Zustände in den Ställen

Die Polizistin ging dabei auf den Fall des erschossenen Kälbchens ein. Bei einer Kontrolle wurde ein krankes, männliches Kalb in einer Kälberbox gefunden. Bei dem nächsten Kontrollbesuch nur wenige Tage später stand ein anderes Kalb in der Box. Wenig später wurde das erschossene Tier in einem Feld gefunden. Die Polizeibeamtin ging auch auf die katastrophalen Umstände ein, unter denen die Kälber untergebracht waren. So waren die Trinkflaschen zu hoch an der Stallwand angebracht, so dass die Tiere nicht an das Wasser herankamen.