Ticker aus dem Gerichtssaal: Tierskandal-Prozess von Bad Grönenbach: Urteil kommt am 29. November

23. November 2022 08:17 Uhr von Redaktion all-in.de
Der Landwirt (l) aus Bad Grönenbach und sein Sohn (r) sitzen mit ihren Anwälten im Landgericht auf der Anklagebank. Die beiden Männer sind wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz angeklagt. Heute wird das Urteil erwartet.
Der Landwirt (l) aus Bad Grönenbach und sein Sohn (r) sitzen mit ihren Anwälten im Landgericht auf der Anklagebank. Die beiden Männer sind wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz angeklagt. Heute wird das Urteil erwartet.
picture alliance/dpa | Karl-Josef Hildenbrand

++++ Update: 12:00 Uhr +++Die Gerichtsverhandlung ist beendet. Ein Urteil wurde noch nicht gesprochen. Das wird am Dienstag, 29. November, um 11 Uhr erwartet.  In seinem Plädoyer hält der Verteidiger des 68-jährigen Angeklagten eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten für angemessen. Die könne seiner Ansicht nach auch zur Bewährung ausgesetzt werden, weil sein Mandant unter anderem aufgrund seines hohen Alters eine positive Kriminalitätsprognose habe. 

Freispruch für den Vorwurf des aktiven Quälens gefordert

Einen Freispruch forderte er für den Vorwurf, acht Rinder durch eine Enthornung aktiv gequält zu haben. "Die Enthornung war definitiv unzulässig", so der Verteidiger. Die hätte nur ein Tierarzt bei einer vollständigen Betäubung der Tiere vornehmen dürfen. Sein Mandant habe den Tieren aber nicht vorsätzlich über einen längeren Zeitraum Schmerzen zugefügt. Schließlich habe er ihnen ein Betäubungsmittel und während der Abheilung ein Schmerzmittel gegeben. "Er selbst habe keine Schmerzen an den Tieren wahrgenommen." Ein Tierarzt habe die Rinder anschließend schläfrig im Stall vorgefunden. Daher lautet das Fazit des Verteidigers: "Wir wissen nicht, welche Schmerzen oder ob sie überhaupt Schmerzen hatten." Sein Mandant wisse, dass er nicht richtig gehandelt habe. "Es tut ihm selbstverständlich leid, wenn er ihnen (den enthornten Tieren - Anmerk. der Red.) Schmerzen zugefügt hat.  Kein Exempel statuieren

Kein Exempel statuieren

Dass er in den anderen Fällen, die ihm vorgeworfen werden, Straftaten begangen habe, sei ganz klar. "Er ist umfassend geständig gewesen, soweit es ihm möglich war." Ihm seien seine Tiere nicht egal gewesen, nur sei er mit der Situation auf dem Hof - finanzielle Schwierigkeiten, die Aufnahme vieler Kälber, von denen einige krank gewesen seien, und Personalmangel - überfordert gewesen. "Sie haben nicht gar nichts gemacht. Dass das, was sie gemacht haben, unzureichend war, ist gar keine Frage. Aber sie haben zumindest etwas gemacht." Das müsse bei der Strafbemessung berücksichtigt werden, genau wie das hohe Alter seines Mandanten, forderte der Verteidiger. Zudem hielt er ein Tierhalteverbot von drei Jahren für angemessen. Abschließend forderte er kein Exempel an seinem Mandanten zu statuieren, nur weil er als Erster im sogenannten Tierschutzskandal vor Gericht stehe. +++ Update: 11:08 +++Da es mehrere Punkte gibt, die nach Ansicht des Verteidigers für den 25-jährigen Angeklagten sprechen, fordert er eine deutlich geringere Haftstrafe für seinen Mandanten als der Staatsanwalt. Er sprach sich für eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und acht Monaten aus. 

"Reuevoll und einsichtig"

Bei der Strafbemessung müsse berücksichtig werden, dass sein Mandant alle tierschutzrechtlichen Vorwürfe eingeräumt habe. Im Gegensatz zum Staatsanwalt hält er das Geständnis des 25-Jährigen für "reuevoll und einsichtig". Dafür spreche, dass er weder einen Beweis- noch einen Befangenheitsantrag gestellt habe und die Chancen für eine Revision deshalb schlecht stünden. Auch, dass er an jedem Verhandlungstag im Gericht saß, sei für ihn ein "klarer Beleg für die Einsicht seines Fehlverhaltens". Auch habe er nicht aktiv seine Tiere gequält, sondern habe es versäumt, seiner Pflicht nachzukommen und einen Tierarzt zu verständigen. Das müsse bei der Strafbemessung berücksichtigt werden. Zudem sei sein Mandant nicht vorbestraft und damals mit 22 Jahren noch recht jung gewesen. Der kurze Zeitraum von 3,5 Monaten, in denen er die Verstöße gegen das Tierschutzrecht begangen habe, zeige, dass er mit der Situation auf dem Hof überfordert war.+++ Update 10:25 +++Der Staatsanwalt fordert in seinem Plädoyer für den 25-jährigen Angeklagten eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Der 68-jährige Angeklagte sollte seiner Ansicht nach für zwei Jahre und sechs Monaten ins Gefängnis. Außerdem spricht er sich für ein fünfjähriges Halte- und Betreuungsverbot für Rinder aus. Das soll für beide Beschuldigte verhängt werden. +++Update 9.44 Uhr+++Die Verhandlung am Landgericht Memmingen hat begonnen. Gleich zu Beginn hat das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft beschlossen, die Anklage wegen Betrugs vorläufig einzustellen. Die Begründung: Die zu erwartende Strafe fällt im Hinblick auf die Gesamtstrafe, die die Angeklagten bezüglich der Verstöße gegen das Tierschutzgesetz zu erwarten haben, nicht beträchtlich ins Gewicht. Außerdem gab der Anwalt des 25-jährigen Angeklagten bekannt, dass sein Mandant seinen dritten Hof aufgeben wird. Der Anwalt legte dem Richter einen Verkaufsvertrag für die Rinder sowie zwei Pachtverträge vor.

Der Hintergrund rund um den Tierskandal-Prozess

Seit September läuft der Prozess wegen Tierquälerei in Bad Grönenbach gegen den 68-jährigen Landwirt und seinen 25-jährigen Sohn am Landgericht Memmingen bereits. Am heutigen Mittwoch sollen nun die Plädoyers gehalten werden. Danach wird das Urteil im Tierskandal-Prozess erwartet. Wir sind vor Ort und berichten sobald es Neuigkeiten gibt.

Erst Plädoyers, dann vermutlich das Urteil

Der Prozess wegen Tierquälerei auf einem Bauernhof in Bad Grönenbach steht vor dem Abschluss. Wie ein Sprecher des Gerichts berichtete, sollen am heutigen Mittwoch (Verhandlung ab 9:30 Uhr) voraussichtlich die Plädoyers gehalten werden. Möglicherweise werde anschließend auch noch das Urteil verkündet. Sollte es dazu heute doch nicht mehr kommen, ist am nächsten Dienstag noch ein weiterer Verhandlungstag geplant.

So hat sich der Tierskandal entwickelt

Begonnen hat alles vor drei Jahren. Damals sorgten Zustände in Allgäuer Kuhställen für bundesweite Schlagzeilen. Vernachlässigte Rinder sollen erhebliche Qualen erlitten haben. 

So hat sich der Tierskandal im Allgäu entwickelt

Die Anklage und der Prozess

Angeklagt wurden im September diesen Jahres dann zwei Landwirte. Ein 68-jähriger Vater und sein 25-jähriger Sohn. Die Staatsanwaltschaft hat in der Anklage das Leiden von zahlreichen Tieren auf den insgesamt drei Höfen der Beschuldigten aufgelistet. Es geht um 54 Rinder. In den meisten Fällen wird den beiden Landwirten vorgeworfen, erkrankte Tiere im Stall nicht separiert und keinen Tierarzt gerufen zu haben. Nach den Ermittlungen wurden teils erst wenige Tage alte Kälbchen mit schweren Erkrankungen sich selbst überlassen. Die Jungtiere hätten Atemnot gehabt und dies auch als lebensbedrohlich erlebt. Mehrere Rinder mussten wegen ihrer Leiden notgeschlachtet werden. Wie sich der Prozess entwickelt hat, sehen Sie hier:

Weitere Verantwortliche sollen 2023 vor Gericht

2019 gerieten allerdings mehrere Bauernhöfe ins Visier von Ermittlern, nachdem eine Tierschutzorganisation Videos veröffentlicht hatte, die Fälle von Tierquälerei aus einem Großbetrieb zeigen sollen. Im Laufe des Jahres 2023 sollen sich Verantwortliche von zwei weiteren Betrieben ebenfalls vor Gericht verantworten müssen.